Wir verlassen Anchorage nach Norden und verbringen die erste Nacht am Eklutna Lake. Schon der vergleichsweise kurze Weg dorthin zeigt, dass in Alaska alles ein wenig gröber und größer ist. Die Autos gleichen in der Regel kleinen Trucks, die Wohnwagen sind ausgewachsene Reisebusse und heißen daher auch Motorhomes bzw. RVs, was für Recreational Vehicle steht. Abends werden an diesen Gefährten die Erker ausgefahren, die Generatoren angeworfen und die Satelliten-Antennen ausgefahren, damit Vati und Mutti auch ja nicht das aktuelle Baseball-Match verpassen.
Alaska ist zwar mit Abstand der größte Bundestaat der Vereinigten Staaten, sein Netz an Straßen dürfte aber das kleinste und übersichtlichste sein, so dass man sich die Mühe gemacht hat, die Highways nicht zu nummerieren, sondern ihnen einprägsame Namen zu verpassen. Den ersten Abschnitt unserer Reise verbringen wir auf dem Park Highway, der von Anchorage nach Fairbanks führt, dem zweiten und einzigen weiteren Ort, den man tatsächlich auch Stadt nennen kann. Uns führt dieser Highway vorbei an majestätischen Bergmassiven, dunkelgrünen Wäldern und kargen Hochebenen zum Denali National Park.
Auf den Spuren wilder Bären
Dieser Nationalpark ist größer als Sardinien und mit dem eigenen Fahrzeug nicht zu erkunden. Es bleiben also nur drei Varianten: per pedes, mit dem Rad oder mit einem Shuttle-Bus. Wir entscheiden uns für die letzte Variante und fahren morgens um 6 Uhr mit diesem alten, ausgemusterten amerikanischen Schulbus in den Park.
Der Busfahrer animiert uns, Bescheid zu geben, wenn wir Tiere sehen. Und tatsächlich werden wir an diesem Tag alles an Großwild beobachten, was der Park zu bieten hat.
Karibus traben vor uns auf der Straße, gewaltige Elche grasen im lichten Geäst, Dallschafe klettern über die Felsen und Grizzly Bären baden im Bach.
Neben seinen vielen Wildtieren ist der Park aber vor allen Dingen für seine atemberaubende Natur bekannt, die so gewaltig ist, dass sie einem ein ums andere Mal den Atem verschlägt, der höchste Berg der USA, der Mt. McKinley Denali (6193m) ist hier das beste Beispiel (Anm. d. Red.: Am 31. August hat Barack Obama vor seiner Alaskareise bekannt gegeben, dem Berg seinen alten Namen Denali zurückzugeben, der traditionell von den Athabasken, den Alaskanischen native Americans, genutzt wurde.)
Vom Denali Park geht es vorbei an Sarah Palins Wasilla (von hieraus haben wir direkt nach Russland hinüber gesehen), weiter auf dem Glenn Highway zum Matanuska Gletscher, einem der unzähligen Gletscher in Alaska, die auf Grund des Klimawandels bald nur noch ein Häuflein Elend sein werden. Noch aber ist der Matanuska direkt zu erklettern.
Auf unserem Weg nach Valdez (gesprochen: Valdiehz) werden wir auf dem Richardson Highway noch den Worthington Gletscher besuchen, bevor wir auf unserem Zeltplatz plötzlich vor einem Weißkopfadler stehen, bekanntlich das amerikanische Wappentier – dieser Vogel ist nicht nur heraldisch bedeutend, sondern zugleich mit seinen schieren Ausmaßen ein echter Hingucker.
In Valdez endet dann nicht nur der Richardson Highway sondern auch die Trans-Alaska-Pipeline. Diese transportiert das im Arktischen Ozean geförderte Erdöl, das in Valdez auf riesige Tanker verladen wird. In den 80er Jahren kam es dann, wie es kommen musste: ein Tanker lief auf Grund und verlor unvorstellbare Mengen an Öl. Das Unglück der Exxon Valdez ist nicht nur ein Erweckungsmoment der globalen Umweltbewegung, es ist zudem noch immer Teil der Natur in Valdez – wer am Strand ein wenig gräbt, stößt relativ schnell auf Ölbrocken der Katastrophe, obgleich sich das fragile arktische Ökosystem gut erholt hat. Wir lassen Pipeline und Verladehafen hinter uns und besteigen ein Schiff des Alaska Marine Highway, einem ausgeklügelten staatlichen System von Fähren, welches noch so kleine Ortschaften, die nicht ans Straßennetz angebunden sind, bedient.
Mit der Fähre durch die Wildnis
Kurz nach dem Ablegen beginnt sich der Nebel zu lichten und wir fahren bei Sonnenschein durch den Prince William Sound gen Whittier. Die Fahrt ist mit einer normalen Fährfahrt nur bedingt zu vergleichen, sie fühlt sich eher an wie eine kurze Kreuzfahrt, auf der man sogar Wale, Robben und Gletscher vorbeiziehen sieht.