Südamerika
Peru & Bolivien: Über den Altiplano
In dünner Luft auf durchschnittlich 2500m über dem Meeresspiegel reisen wir auf den Spuren der Inka von Perus Küste in Lima über den Titicaca-See an der Grenze zu Bolivien bis in die Atacama-Wüste nach Chile.
10.789 km
15 Tage
In Lima werden wir mit vielen Geschenken aus Deutschland von Tine begrüßt, die uns in den nächsten drei Wochen auf unserer Reise begleiten wird. Nachdem alle Neuigkeiten in unserem riesigen Hostel-Schlafsaal ausgetauscht sind, entdecken wir die Hauptstadt Perus. Zwar kann Lima nur bedingt mit Stränden punkten, dennoch profitiert die Stadt von der direkten Lage am Pazifik. Weite Teile der Innenstadt hat die UNESCO als Weltkulturerbe auserkoren, was wir nach einer Tour durch die historischen Gemäuer durchaus nachvollziehen können.
Unser Hostel liegt ein wenig entfernt von der Innenstadt - im trendigen Miraflores, das von schicken Hotels und westlichen Modeshops dominiert wird. Der weitläufige Park direkt am Meer macht das Viertel noch liebenswerter – dort, direkt an den Klippen, können Wagemutige sich mit einem Paraglider den Fluten entgegen werfen. Wir bleiben auf dem Boden und entdecken das benachbarte Barranco – ein Viertel voller bunt getünchter Häuschen, kleiner Kunstläden, Museen und Galerien.
Ins andine Hochland
Nach zwei Tagen nehmen wir den Flieger ins andine Hochland – nach Cusco. Die ehemalige Hauptstadt des riesigen Inka-Reiches liegt 3400m über dem Meeresspiegel und sorgt bei uns in den ersten Stunden für ein wenig Kurzatmigkeit. Hat man sich einmal akklimatisiert, so gibt es kaum Schwierigkeiten, den Charme der Stadt zu genießen. In Cusco schauen wir uns dann auch die ersten von vielen alten und zum Teil auch sehr alten Steinen unserer Reise an: hoch über der Stadt haben die Inka eine Festungsanlage erbaut und auch wenn diese von den spanischen Konquistadoren größtenteils in Schutt und Asche gelegt wurde, lassen die Grundmauern die gewaltige Größe dieses Ortes erahnen. Heute grasen Alpakas und Lamas über das Gelände und bieten neben der Aussicht über die Stadt eine unschlagbare Fotokulisse.
Cusco ist für uns zugleich auch Ausgangspunkt für eine Tour nach Machu Picchu – doch bevor wir nach Aguas Caliente, dem Ausgangspunkt für den Besuch, fahren, schauen wir uns im kleinen und niedlichen Ollantaytambo erst noch einige andere alte Steine an. Auch an dieser Stelle haben es sich die Inka nicht nehmen lassen eine Festungsanlage zu bauen, inklusive der berühmten Terrassen zum Anbau verschiedenster Nutzpflanzen. Die Spanier sollen sich an der Einnahme dieser Festung angeblich ganz schön die Zähne ausgebissen haben – vielleicht ist das auch ein Grund, weshalb die Anlage stark zerstört wurde. Am Fuße der Anlage befindet sich ein riesiger, flacher Stein mit einer Wölbung, „in die genau ein Schädel hineinpasst“, wie der Reiseführer schreibt. Genutzt wurde dieser Stein vermutlich für Schädeloperationen. Uns bleibt der Anblick glücklicherweise erspart und wir überlassen die Details der Vorstellungskraft des geneigten Traveler Story Lesers.
Von Ollantaytambo nehmen wir am Nachmittag den Zug – denn andere Verkehrsmittel führen an dieser Stelle nicht in die Berge – nach Aguas Caliente. Dort gibt es außer einer heißen Quelle überhaupt nichts nicht ganz so viel zu sehen. Die Stadt besteht eigentlich nur aus Hotels, Restaurants und Tourishops. Unsere reservierte Bruchbude Unterkunft hat leider keine Zimmer mehr frei, sodass wir flux in ein anderes Haus ausgelagert werden. Eigentlich kein Problem, doch als wir sehr früh am Morgen - nämlich gegen 4:30 Uhr - das Hotel verlassen wollen, um uns auf den Weg nach Machu Picchu zu machen, ist die Eingangstür verschlossen. Wir entschließen uns kurzerhand, durch ein Fenster auszubrechen – dem Blick der Hotelfachkraft über die fehlenden Gäste entgehen wir leider. Mit vielen anderen Wanderwütigen machen wir uns an den Aufstieg zum Machu Picchu, der noch einmal 400 Höhenmeter über der Stadt liegt.
Der Weg durch den Regenwald am frühen Morgen hätte auch leichter sein können (beispielsweise hätte man die Strecke auch mit einem Bus zurücklegen können), doch wir trotzen den Widrigkeiten der Dunkelheit und der ausschließlich bergauf gehenden Wegstrecke. Einmal oben angekommen, sind wir überrascht, welche Faszination alte Steine dann doch ausüben können. Machu Picchu ist jedoch nicht nur ob seines historischen Wertes so beeindruckend, sondern die tropische Lage zwischen grünen Bergen und tiefhängenden Wolken macht diese Inka-Anlage zum mystischen Highlight der Reise.
Nachdem wir den vielen alten, älteren und besonders alten Steinen genügend Respekt gezollt haben, machen wir uns auf den Weg zurück nach Cusco.
Von verrückten Tieren und verrückten Menschen
Nach einer kurzen Nacht nehmen wir den Bus nach Puno, an das peruanische Ufer des Titicaca-Sees (lies: Titiicaacaa). Praktischerweise hält der Bus unterwegs an einigen Touristenpunkten, sodass sich die 10 Stunden Fahrt gar nicht als solche anfühlen. Puno ist für viele Reisende nur Durchgangsstation auf dem Weg von bzw. nach Bolivien. Auch wir machen uns am nächsten Tag auf den Weg nach Copacabana, am bolivianischen Ufer des Sees. Dazwischen allerdings liegt eine Grenze, die es zu überwinden gilt. Ein- und Ausreiseformalitäten sind vergleichsweise schnell erledigt, dann kommt uns allerdings eine kleine Party dazwischen. Die Bolivianer haben sich nämlich überlegt, direkt auf der einzigen Straße, die von der Grenze ins Landesinnere führt, eine Fiesta zu veranstalten.
Hierzu haben sich sowohl die Damen als auch die Herren ordentlich in Schale geworfen – alles glänzte und glitzerte – und zu Pauken und Trompeten bewegte sich ein nicht enden wollender Zug an Feiervolk gen Grenzposten. Uns blieb also nichts weiter übrig, als der Parade zuzuschauen und zu warten, bis auch die letzten Tanzeinlagen von der Jury bewertet wurden. Nach drei Stunden kann es weitergehen und wir sind endlich in Bolivien angekommen, dem Land, das nahezu alle Rekorde des höchsten Irgendwas’ der Welt hält.
Spät abends beziehen wir unser Hotel direkt am Ufer des Sees
Der ist im Übrigen der am höchsten gelegene schiffbare See der Welt. Das Städtchen ist eine verschlafene Mischung aus Einheimischen und Touristen, die durch die Straßen flanieren oder in den Cafés sitzen. Ein guter Ort, um ein paar Tage zu entspannen.
Von Copacabana aus besteigen wir ein Boot und fahren zur Isla del Sol – einer kleinen Insel im Titicaca-See und die Geburtsstätte des Inka-Reiches. Auf der Insel lassen sich viele weitere alte Steine einige Spuren der Inka entdecken, die wir an diesem Tag einfach mal beiseite lassen und nur die Sonne und die Aussicht bei einer Wanderung genießen. Am Abend gibt es nach einer Quinoa-Suppe als Vorspeise, Trucha (Forelle) aus dem See – sehr lecker.
Der Pfarrer der hübschen Basilika von Copacabana hat sich neben der Predigt übrigens noch eine andere Beschäftigung gesucht: jeden Tag segnet er einige Dutzend motorisierter Gefährte. Die Besitzerinnen und Besitzer der Wagen verstärken diesen Brauch und kippen flaschenweise Bier auf Reifen und in den Motor. Bei der bolivianischen Fahrweise ist ein solches Vorgehen tatsächlich angebracht. Bereits am nächsten Tag verlassen wir den Titicaca-See und fahren mit dem Bus nach La Paz, dem höchst gelegenen Regierungssitz der Welt. Doch bevor wir dort ankommen, müssen wir noch einmal über den See - nur gibt es weder Tunnel noch Brücke und eine richtige Fähre ist bei unserer Ankunft am Ufer auch nicht in Sicht. Mit Erstaunen sehen wir sogleich zu, wie unser Bus auf ein hölzernes Floß verladen wird und dann langsam den See überquert.
Die Einfahrt in die Stadt wird dann auch noch einmal aufregend. Zuerst fährt man durch El Alto, früher einmal Vorstadt von La Paz, ist diese Stadt heute weit größer als La Paz selbst, dann geht es von der 4000m hohen Ebene hinab nach La Paz, das auf 3600m liegt und einen ganzen Talkessel ausfüllt. Eine Stadt in dieser Lage ist wirklich einmalig – ringsherum um die Innenstadt klettern Häuser die Berge hinauf. Unsere Spaziergänge durch die kolonialen Gassen der Altstadt sorgen für weitere Entdeckungen: auf dem Markt, der sich durch die Gassen der halben Stadt erstreckt, gibt es neben Nahrungsmitteln, Möbeln, Kleidung und Baumaterialien jeglicher Art auch tote Lama-Föten käuflich zu erwerben.
Diese werden beim Bau eines Hauses unter der Türschwelle vergraben – das soll nicht nur Glück für die Bewohner des Hauses bringen, sondern auch Pachamama (Mutter Erde) besänftigen. Der Anblick ist für ein europäisches Auge auf jeden Fall gewöhnungsbedürftig. Von La Paz unternehmen wir einen kleinen Ausflug nach Tiwanaku – unser Durst nach alten Steinen ist nämlich noch nicht gestillt. Tiwanaku allerdings ist nicht der Inka-Kultur zuzurechnen, sondern wurde weit vor der Blütezeit der Inka erbaut.
Rummtata, rummtata, rummtata
Dann fliegen wir vom Regierungssitz in die Hauptstadt Sucre, die vor kolonialer Pracht nur so strotzt. Und mal wieder sind wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Denn auch hier gibt es eine riesige Parade (genauer: Festival de la Virgen de Guadalupe) durch die Stadt, mit Tanz, Rummtata, Konfetti und Feuerwerk.
Nach einer kurzen Nacht in Sucre machen wir uns auf nach Potosí – einer Stadt, die während ihrer Blütezeit einmal die reichste Südamerikas war. Doch von dem vormaligen Reichtum, der auf der Ausbeute von Mineralien, vor allem Silber beruhte, ist heute nicht mehr viel übrig geblieben. Die meisten der unzähligen Kirchen der Stadt sind in einem bedauernswerten Zustand und auch der restliche Teil der Stadt versprüht keinen Wohlstand mehr. Allein die Höhe der Stadt, 4067m über dem Meeresspiegel, der Stadt sorgt für einen Superlativ. Wir haben die Quelle des einstigen Reichtums Potosís zum Ziel: die Minen des Cerro Ricos. Dieser 4800m hohe Berg thront über der Stadt, wird nun seit über 500 Jahren vom Menschen ausgebeutet, gleicht daher eher einem Schweizer Käse als einem richtigen Berg und ist zugleich Fluch und Segen der Stadt. Die Minenarbeiter holen heute weniger Silber, wie zu kolonialen Zeiten, als vielmehr Blei, Kupfer, Wolfram, Zinn, Zink und viele weitere Minerale aus dem Berg.
Das Ganze geschieht unter mehr oder weniger arbeitnehmerunfreundlichen Bedingungen. Auf Grund des fehlenden Schutzes kommt es bei vielen Arbeitern zur Erkrankung der Atemwege, dennoch ist der Bergbau für viele Einwohner der Gegend die einzige Möglichkeit sich ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Eine Tour durch die Gänge des Cerro Ricos ist ein daher zweischneidiges Schwert: auf der einen Seite sorgt man dafür, dass ehemalige Mineros ihren Lebensunterhalt nun anders verdienen können, auf der anderen Seite ist es ein Stück weit merkwürdig, den Menschen bei ihrer Arbeit zuzuschauen. Man stelle sich nur vor, es würden tagaus tagein Gruppen von Bolivianern einen am Schreibtisch bei der Arbeit beschauen.
Vor uns liegt einer der trockensten Orte der Welt
Mit dem Jeep und Carlos, unserem Fahrer, machen wir uns auf gen Chile. Beginnend in Uyuni werden wir drei Tage durch die Wüste fahren. Vorbei an Salzseen, kunterbunten Lagunen mit Hunderten Flamingos und Felsen, die der Zahn der Zeit zerformt hat.
Erstes Ziel ist die Salar de Uyuni, die größte Salzpfanne der Welt. Soweit das Auge reicht, besteht dieser ehemalige See aus einer bis zu drei Meter dicken, weißen Salzkruste, die durch das Abtrocknen des Wassers eine interessante Musterung gebildet hat. Die Bolivianer nutzen das Salz auf der einen Seite zur Herstellung von Speisesalz und auf der anderen Seite als Baumaterial. So besteht unsere Unterbringung in der ersten Nacht aus Salz: Wände, Betten und Boden – alles Salz. In der Salar geht es auch zu einer ehemaligen Insel, auf der riesige, bis zu 1000 Jahre alte Kakteen wachsen und mit dem Hintergrund des Salzsees eine unwirkliche Kulisse bilden.
Am zweiten Tag der Tour lassen wir die Salzwüste hinter uns und entdecken die bunten Lagunen, die mitten in der Wüste verstreut sind – jede auf Grund verschiedener Mineralien in einer anderen Farbe. Und mitten in der lebensfeindlichen Umgebung der Atacama gibt es tatsächlich Tiere, die die Wüste zu ihrer Heimat machen: Vicuñas, Wüstenfüchse, Lamas, Hasen und ganz besonders beeindruckend sind die unzähligen Flamingos, die in den Lagunen leben.
An der Laguna Colorada – durch eine Algenart komplett rot gefärbt – verbringen wir die zweite Nacht in der Wüste und fahren vor dem Sonnenaufgang zu einem riesigen Geothermalgebiet, dem Sol de Mañana. Hier, auf über 4800m, erreichen wir den höchsten Punkt unserer gesamten Reise.
Riesige Geysire und kochende Schlammlöcher in Kombination mit der aufgehenden Sonne machen diesen Punkt der Tour zu einem seltenen Erlebnis. Wir entfliehen den etwas später ankommenden anderen Jeeps und fahren zum letzten Ziel unserer Tour und nehmen dort ein Bad in einer natürlichen heißen Quelle: draußen 0°C Luft- und drinnen 35°C Wassertemperatur – großartig.
An der chilenischen Grenze verabschieden wir uns von Carlos und fahren mit dem Bus weiter in die kleine Stadt San Pedro de Atacama. Hier heißt es Abschied nehmen von Tine, die sich wieder auf nach Deutschland macht. Wir verbringen zwei Nächte in Chile und besteigen dann unseren Bus nach Salta in Argentinien.
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